Neujahrsempfang am Sonntag, 14. Januar 2024
Jahresmitgliederversammlung 2024 am Freitag, 15. März 2024
Die jährliche Reise des Förderkreises der Städtepartnerschaft e.V. Königstein - Le Cannet zur Entdeckung von Geschichte und Kultur französischer Regionen führte diesmal in das vermeintlich so bekannte Lothringen. Meistens rauscht man ja schnell durch die Region, um andere Ziele wie Paris oder die Küsten im Westen und Süden Frankreichs zu erreichen. Metz, Pont-à-Mousson, Toul, Nancy, Lunéville und Wingen-sur-Moder im Nordelsass waren die Stationen dieser verlängerten Wochenendtour per Bus unter der Leitung des Ehepaars Dr. Reinhard und Marie-Charlotte Siepenkort mit 37 Teilnehmern. Ein strahlend schöner Spätsommer gab sein Bestes zum Erfolg dieser Reise in die französische Moselregion.
Seit der fränkischen Reichsteilung durch die Enkel Karls d. Gr. 843 ist Lotharingien ein Begriff. Der zugrunde liegende Vertrag von Verdun wurde 842 in Koblenz von den Granden des Reiches vorbereitet, wie beim Ausflug zum 40-jährigen Bestehen der Städtepartnerschaft an der St. Kastor-Basilika in Koblenz Ende August erinnert wurde. Im Mittelalter gehörten die Bistümer Metz, Toul und Verdun zum Hl. Römischen Reich Deutscher Nation, bis sie im Westfälischen Frieden 1648 vertraglich an den französischen König fielen. Das wechselhafte Geschehen der deutsch-französischen Geschichte setzte sich über den deutsch-französischen Krieg 1870/71 und die folgende Annektion durch das Kaiserreich, den 1. und 2. Weltkrieg mit der Rückgliederung bis zur Beendigung dieser Abfolgen mit der europäischen Einigung in unseren Tagen fort. Trotz allem prosperierte die Region immer wieder, nicht zuletzt aufgrund ihrer zentralen Lage in Europa und ihrer Bedeutung für Handel, Industrie und Kultur in Frankreich.
Metz ist einen Umweg wert. Die imposante gotische Kathedrale im historischen Stadtzentrum, auf einem Hügel über der Moselle gelegen, mit ihren berühmten Kirchenfenstern aus Mittelalter und Moderne bis zu den faszinierenden Chagall-Fenstern ist mit den anderen berühmten Kathedralen Frankreichs in eine Reihe zu stellen. Eine professionell-charmante Führung erschloss den Reichtum dieses Bauwerks durch die Jahrhunderte. Zum Mittagessen konnte erstmals französische Küche gekostet werden, einige taten dies zünftig in der Markthalle an dem schon legendären Suppenstand, andere in den umliegenden Bistros und Konfiserien. Eine Stadtrundfahrt mit dem „Petit Train", dem offenen Bähnchen, zeigte die Anlage der Stadt und ihre Entwicklung auf eigene interessante Weise, z.B. das sehenswerte Deutsche Viertel mit dem imposanten Bahnhof und der Post aus der Zeit Kaiser Wilhelms I und II. Der Bahnhof war dann leider Relaisstation zum Truppentransport im 1. Weltkrieg.
Und dann der Gegenpol, das hypermoderne neue Centre Pompidou als Ableger des Pariser Museums. Die geniale Konstruktion dieses Baukunstwerks eines japanischen Stararchitekten ist außen und innen fast atemberaubend. Wechselnde Ausstellungen zeigen zeitgenössische Kunst. Ein kurzer Rundgang gab interessante Eindrücke.
Weiter ging es durch das Tal der Moselle nach Pont-à-Mousson, wörtlich Brücke nach Mousson, was die wichtige strategische Bedeutung dieses Kreuzungspunktes der alten Handelswege in Nord-Süd- und Ost-West-Richtung unterstreicht. Die heutige Stadt beherbergte vom 16. bis zum 18. Jahrhundert die Universität von Lothringen und war geistiges Zentrum der Region, auch dank des riesigen Prämonstratenser-Klosters, heute umgewandelt in ein Kultur- und Tagungszentrum mit Hotel, das die Gruppe aufnahm. Das Klosterbier schmeckte am Ende eines warmen Tages voller erster Eindrücke und nach der Führung durch das ehemalige Kloster besonders gut. Abendessen und Frühstück fanden in stilvollen großen Refektorien statt.
Pont-à-Mousson ist auch deshalb so bekannt, weil fast jeder Kanal- und Straßendeckel in Frankreich mit entsprechender Inschrift aus der örtlichen großen Gießerei stammt. Man schaue mal nach unten. Neben der Eisen- und Stahlgießerei siedelte sich 1872 mit dem Zuzug eines Unternehmens der ursprünglich deutsch-stämmigen Familie Adt aus dem Saarland eine spezielle Papierverarbeitung in Form des Pappmaschees, französisch papier mâché, an, die besonders für Frauen Beschäftigung bot und in der Moderne vom Kunststoff abgelöst wurde. In einem reizenden kleinen Museum sind besonders kunstvolle Stücke von Tee- und Tabakdosen bis zu Möbeln meistens in schwarzem Lack mit bunten Intarsien und Perlmutteinlagen zu bewundern.
Der nächste Morgen führte wieder über die Moselbrücke, die einen romantischen Blick auf den Fluss in Nebelschwaden und früher Sonne mit vielen Schwänen zum Abschied von dieser überraschenden Stadt mit dem tollen Marktplatz bot. Über Land, vorbei an einer riesigen ca. 3 km langen nagelneuen Photovoltaik-Anlage auf den Moselhöhen erreichte die Gruppe die ehemalige Bischofsstadt Toul, die durch die umfliessende Mosel und den Rhein-Marne-Kanal sowie starke Stadtmauern doppelt befestigt war und ist. Der Führung durch die imposante spätgotische Kathedrale folgte eine Weinprobe bei einem renommierten Winzer am Moselhang. Der Vin gris de Toul, ein blassrosa Weißwein aus roten Trauben, ist die örtliche Spezialität. Ein Mittagsimbiss im Dorf-Restaurant mit Pâté lorrain (Blätterteigpastete mit Fleischfüllung) und Salat rundete diese Exkursion ab.
Für die alte lothringische Hauptstadt Nancy waren die nächsten zwei Tage reserviert. Fast hätte sich der Bus in den engen Einbahnstraßen der Altstadt festgefahren, wenn nicht der mutige und umsichtige Chauffeur mit Hilfe von drei kräftigen Männern, die einen alten R 4 zur Seite heben mussten, den einzigen kurzen Weg entgegen der Fahrtrichtung genommen hätte. Man nahm Residenz im ehemaligen Bischofssitz, dem heutigen Hôtel des Prélats***, 100 Meter von der weltberühmten Place Stanislas entfernt - der Platz ist seit 1983 Weltkulturerbe. So konnte die historisch für Lothringen so bedeutsame Stadt überwiegend zu Fuß erkundet werden. Der wundervolle Platz, großartige Anlage des 18. Jahrhunderts, errichtet durch den entthronten Polenkönig Stanislas Leszczynski, der zugleich Schwiegervater des französischen Königs Ludwig XV war, nahm mit seinen in der Sonne strahlenden vergoldeten schmiedeeisernen Toren und dem Triumphbogen, in seiner harmonischen, eleganten Größe und seinem pulsierenden Leben alle gefangen. In der sommerlichen Dunkelheit des Abends wartete eine bisher nur in Frankreich so zu erlebende Laserlicht- und Tonschau, „son et lumière", über alle drei Gebäudeseiten dieses großes Platzes auf die über 3.000 Zuschauer, einfach schön, diese Hightech. Die geniale Show erzählt die Geschichte der Stadt und des Platzes vom 18. bis zum 20. Jahrhundert. Französisch-Kenntnisse sind dabei von Vorteil. Das anspruchsvolle Besichtigungsprogramm des nächsten Tages, vormittags drei Stunden Stadtführung und Jugendstilmuseum - nachmittags Kunstmuseum, wurde hochwillkommen mittags mit einem delikaten kleinen Essen in der stilvollen und berühmten Jugendstil-Brasserie Flo unterbrochen, Wein und Café inklusive.
Um die Jahrhundertwende entstand eine neue Stilrichtung, der Jugendstil, Art nouveau, der in Nancy besondere Ausprägung fand. Der Glaskünstler Emile Gallé scharte um sich begabte Kunstschreiner, Glas- und Keramikkünstler, auch Bildhauer, die 1901 die Ecole de Nancy, Schule von Nancy begründeten. Nicht nur das wunderschöne Museum dieser Ecole de Nancy, sondern auch die ganze Stadt mit ihren vielen gepflegten Gebäuden atmen den Jugendstil. Im Kunstmuseum an der Place Stanislas ist neben Gemälden und Grafiken die großartige Sammlung der Gebrüder Daum mit Exponaten aus Glas und Kristall zu bewundern. Ein Abendessen etwas außerhalb am romantischen Ufer der Mosel, umrahmt von einer fröhlichen Hochzeitsgesellschaft, beschloss diesen ereignisreichen Tag.
Nun ging es wieder nach Osten zum Schloss Lunéville, dem lothringischen Versailles. Nach einem Großbrand 2003 zeigt sich das Schloss trotz noch laufender Restaurierung wieder ansatzweise prächtig. Der wunderbare Park lud zu einem Spaziergang am sonnigen Sonntagmorgen mit schönen Fotomotiven.
Zum stilvollen Abschluss der Reise ging es an der Westseite der Vogesen entlang ins Nordelsass nach Wingen-sur-Moder an der elsässischen Kristallstraße, wo nach einem ländlichen Mittagessen das neue Lalique-Museum besucht wurde. Der Schmuck- und Glaskünstler René Lalique hatte seinen Firmensitz in den 20er Jahren von Paris dorthin verlagert, wo heute noch in der ehemaligen Glasbläserei die bekannten luxuriösen Glasobjekte hergestellt werden. So schloss sich der Kreis der Reise von den mittelalterlichen Glasfenstern der beiden Kathedralen über Klassizismus und Jugendstil in Nancy mit Gallé und Daum zum modernen Glaskünstler Lalique.
Zum Abschluss dankte Manfred Colloseus in lobenden Worten, namens der immer sehr angenehmen Gruppe, Marie-Charlotte und Reinhard Siepenkort für diese wieder schöne Reise in eine oft unterschätzte Provinz Frankreichs und für die wie immer perfekte Organisation. Ein Zweck des Förderkreises, das Wissen über Frankreich zu vertiefen, fand seine Erfüllung.
Bitte mit der linken Maustaste auf die Bilder klicken.
Besichtigung der gotischen Kathedrale in Metz mit ihren Chagall-Fenstern
Erste Stärkung am legendären Suppenstand in der Markthalle
Führung durch die ehemalige Prämonstratenser-Abtei, wo wir auch übernachteten
Exponate im „Musée au Fil du Papier“ (Pappmaché)
Die Moselle bei Nacht …
.... und im Morgennebel
Die Kathedrale der ehemaligen Bischofsstadt Toul
: Liebliche Weinlandschaft an den Hängen der Moselle
Der Vin gris de Toul wird verkostet
Eine „stimmungsvolle“ Mittagsrast war angesagt
Grandioser Place Stanislas aus dem 18. Jahrhundert in Nancy
Das Jugendstilmuseum „Musée de l’Ecole de Nancy“
Exponat der Gebrüder Daum-Glassammlung im „Musée des Beaux Arts“
Imponierende Laserlicht- und Tonschau „son et lumiére“ am Place Stanislas
Schloss Lunéville, das lothringische Versailles
Die Reisegruppe im Park von Schloss Lunéville
Unsere Reiseleiter vor Schloss Lunéville
Die Reisegruppe im Park von Schloss Lunéville